Wo Wissen wächst: Becher zu Besuch am Campus Weihenstephan

Besuch Weihenstephan Juni25

Die Aufschrift klingt erst einmal unspektakulär: „Gebäude 4219 – Landschaft“. Aber weit gefehlt: In diesem Gebäude der Technischen Universität München auf dem weitläufigen Weihenstephaner Areal ist an acht Lehrstühlen für Landschaftsplanung nicht nur geballtes Wissen gebündelt – sondern auch eine große Innovationslust. So forscht etwa Prof. Dr. Stephan Pauleit, Inhaber des Lehrstuhls für Strategie und Management der Landschaftsentwicklung, seit längerer Zeit erfolgreich zu Stadtökologie, über Stadtbäume und Urbane Wälder. Themen, die Kommunen angesichts des fortschreitenden Klimawandels fundamental umtreiben. Der grüne Landtagsabgeordnete Johannes Becher ging einen Tag lang auf dem Campus ins Gespräch über Klimaschutz, Wissenstransfer und den Studienalltag.

Eine Frage, die die Forschenden stark beschäftigt: Wie kommt das neu gewonnene Fachwissen schnell und unkompliziert an politische Entscheidungsträger:innen? Denn eines ist klar: Hier drängt die Zeit. Der Klimawandel sowie seine häufiger auftretenden Starkregenereignisse und langen Hitzeperioden benötigen jetzt Antworten und nicht erst in einigen Jahren. „Bayern hat beim Klimaschutz und der Klimaanpassung noch viel Nachholbedarf. Gleichzeitig darf auch der Natur- und Artenschutz nicht weiter hinten runterfallen. Man denke nur an fehlende Managementpläne in Schutzgebieten oder das ausbaufähige Monitoring für (über-)regionale Biodiversität. Da müssen wir besser werden.“, so Becher. Gute Konzepte könne man sich laut den Fachleuten etwa in der Schweiz abschauen.

In der großen Mensa stand während des Mittagessens mit den verschiedenen Fachschaften ein Gespräch auf dem Programm. Die Studierenden adressierten ihre drängenden Anliegen, für die sie sich politische Lösungen wünschen. Ein bekanntes Problem: bezahlbarer bzw. überhaupt verfügbarer Wohnraum in Freising sowie das Thema „Mobilität“ im Allgemeinen. Was für Becher besonders eindrücklich war: Die Corona-Pandemie 2020 fiel genau in die Jugendzeit dieser Studierenden von heute. Die Auswirkungen der Pandemie und der Lockdowns sind für sie weiter spürbar. Diese Generation von jungen Menschen geht etwa deutlich seltener zu sozialen Events oder Fachschafts-Partys. Sozialen Anschluss finden, so die allgemeine Aussage, falle ihnen schwer, weshalb auch das Tabu-Thema Vereinsamung angerissen wurde. Insgesamt wünschen sich die Studierenden von der Politik mehr Transparenz in Entscheidungsprozessen und mehr partizipative Prozesse.

Wie Biodiversität in Zeiten des Klimawandels gelebt wird, zeigte Frau Prof. Swantje Duttweiler, die Leiterin des Staudensichtungsgartens. Gesprochen wurde über den Aufbau eines klimagerechten Gartens und was es dazu braucht. Auch der Staudensichtungsgarten Weihenstephan hat so ein neues Gesicht bekommen. Die Beete sind aufgekiest, um die Erde vor Erosion und Verdunstung zu schützen und die Pflanzenauswahl wurde einem heißeren Klima angepasst. Die rund 44.000 jährlichen Besuchenden können sich vor Ort ein Bild davon machen.

Eine weitere Besonderheit am Campus: Auf dem Dach des neuen Creativity and Innovation Lab kann man nicht nur einen herrlichen Blick auf den Domberg genießen, sondern auch modernste Dachbegrünung mit einem ausgeklügelten Wasserrückhalte-System als Schwamm zur Abmilderung von Starkregenereignissen erleben. Im Hinblick auf die vielen vorhandenen und entstehenden Flachdach-Bauten, erkannte Becher schnell, dass mit Dachbegrünungen hier echtes Potential geschaffen wurde, auch in Kombination mit aufgeständerten Dachsolaranlagen.

Am Ende des Tages schloss sich der Kreis bei der Frage, wie das Fachwissen über die Hochschulgrenzen hinaus vermittelt werden kann. Becher interessierte, wie der Transfer in der Praxis erfolgt. Hier geht Weihenstephan einen großen Schritt in die richtige Richtung, denn an der HSWT bekommen Studierende im Food Startup Inkubator und im Gründerzentrum SUN Unterstützung bei der Unternehmensgründung. Bekannt sind hier zum Beispiel die Produkte „Stark Mate“ und „Yummy Instantly Healthy Ramen“ – beides wurde in Freising entwickelt. Das Zentrum für Forschung und Wissenstransfer arbeitet darüber hinaus daran, Forschungserkenntnisse so aufzubereiten, dass sie einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden können. Das bereits bestehende Angebot: Klima-Spaziergänge in der Freisinger Innenstadt und Science-Slams im Lindenkeller. Gerade in der Planung ist das sogenannte „Science Center“, das vor allem bei Kindern und Jugendlichen die Neugier auf Wissenschaft wecken und Technik erlebbar machen soll.